Samstag, 4. Februar 2012

Der Inspekteur

Eines Tages wurden Funksignale aus dem All empfangen, die die Denker rasch entschlüsselten. Die Signale kamen offenbar von einem Raumschiff, das ankündigte, in 2 Monaten auf der Erde landen zu wollen. Der Besuch werde für beide Seiten von großem Nutzen sein. Diese Ankündigung sorgte bei den Menschen für große Aufregung und Gesprächsstoff, allerdings konnten die meisten Realität und Fantasie nicht auseinanderhalten, da sie einen Großteil ihrer Zeit in virtuellen Welten verbrachten. Ich jedoch hatte in jener Zeit ein seltsames Erlebnis, dessen Bedeutung ich erst viel später verstand. Ich hatte gerade einen Haschisch-Keks gegessen und wartete auf die Wirkung, als ich ein lautes Brummen hörte. Die Wände schienen sich zu verbiegen und meine Sicht wurde unscharf. Plötzlich erschien mitten in der Luft ein dunkler Riss, der größer wurde. Ein kleines, leuchtendes Wesen erschien darin und bewegte sich auf mich zu. Der Riss verschwand, doch das elfenhafte Wesen blieb und sprach zu mir: "Fürchte dich nicht. Ich werde euch beschützen." Dann flog es in die Wand und verschwand.
Bald darauf wurde berichtet, es sei tatsächlich ein fremdes Objekt in der Nähe von Paris gelandet. Es handelte sich um einen schwarzen, zähflüssig erscheinenden Tropfen von etwa 100 Meter Durchmesser, der einfach auf dem Boden lag. Er wurde stundenlang im Fernsehen gezeigt, mit langatmigen Erläuterungen von Denkern über die Messungen, die daran durchgeführt worden waren, und die Schlussfolgerungen, die man daraus ziehen konnte, und die im wesentlich darin bestanden, dass man nicht wusste, worum es sich handelte. Danach passierte dann tagelang nichts, und ich verlor das Interesse daran.
Dann jedoch trat plötzlich eine menschenähnliche Gestalt aus dem schleimigen Tropfen heraus und erklärte den wartenden Robojournalisten, er sei ein Rüstungskontrolleur. Man habe vor einigen Jahrzehnten festgestellt, dass auf der Erde eine technische Zivilisation entstanden sei, und beobachte sie seitdem. Nun habe die Menschheit eine Entwicklungsstufe erreicht, die ein Eingreifen erforderlich mache. Es sei nämlich zu befürchten, dass die Denker in wenigen Jahrzehnten die Raumkrümmungs-Technologie entwickeln könnten. Diese Technologie erlaube eine Kriegsführung gegen ferne Planeten, und es gebe in der ganzen Galaxis eine Vereinbarung, eine Weiterverbreitung dieser Technologie zu verhindern. Deshalb müsse er die Erde nun inspizieren und einige harmlose PräventionsMaßnahmen treffen.
Auf Nachfrage erklärte er, er selbst sei eine künstliche Quasi-Lebensform, die in dem Raumschiff herangewachsen war und dazu diene, eine Kommunikation mit den Menschen zu ermöglichen.
Das Ansinnen des Aliens wurde von den Führern derjenigen Länder, die sich als "die freie Welt" bezeichneten, umgehend abgelehnt. Man sei frei und lasse sich nicht von ungebetenen Gästen irgendwelche Vorschriften machen. Daraufhin erklärte der Außerirdische, man werde, wenn nötig, Zwang anwenden und sei durchaus in der Lage, die irdische Zivilisation zu vernichten. Dies werde einen Großteil der Menschheit das Leben kosten. Die "freie Welt" nahm den Fremden daraufhin gefangen.
Kurz darauf sah ich wieder einen Riss in der Raumzeit und das kleine leuchtende Wesen, das mir wieder sagte, es werde uns beschützen. Ich fragte: Wer bist du? Und es sagte:
"Ich bin ein Wissender von jenseits der Zeit. In 2 Jahren werden die Herrscher der Galaxis versuchen, die Menschheit zu vernichten. Es kommt selten vor, dass Lebensformen so stur sind wie ihr es seid. Aber fürchte dich nicht, denn es gibt uns, die Beschützer, die die Vielfalt der Lebensformen erhalten wollen, bis zum Ende des Universums."
"Das Ende des Universums? Wann ist das?" fragte ich.
"In 14 Jahren", sagte der Beschützer. "Dann hat sich sein Zweck nämlich erfüllt."
"Wie wird es enden?" fragte ich.
"Nun, es wird nicht eigentlich enden. Vielleicht weißt du, dass Raum und Zeit physikalisch gesehen nicht getrennt existieren, sondern es gibt lediglich die Raumzeit. Ihr lebt in einem Bereich der Raumzeit, wo es so scheint, als ob die Zeit eine Richtung habe, so als ob sie verflösse, und es Vergangenheit und Zukunft gäbe. In etwa 14 Jahren werdet ihr in einen Bereich mit einer anderen Raumzeit-Geometrie eintreten, wo der Begriff Zeit seine Bedeutung verliert. Deshalb habe ich eben gesagt, in 14 Jahren wird das Universum enden, obwohl es genaugenommen nicht stimmt, denn das Universum als Ganzes ist ein Gebilde ohne Anfang und Ende."
"Und was hast du damit gemeint, als du gesagt hast, das Universum hat seinen Zweck dann erfüllt?"
"Der Zweck des Universum ist es, zu existieren. Diese Existenz ist nur dadurch möglich, dass sich darin eine bestimmte Form von Bewusstsein entwickelt, die das Universum erzeugt - man könnte es Gott nennen. In 14 Jahren wird jener Punkt der Raumzeit erreicht, in dem dieses universelle Bewusstsein entsteht, der Schöpfungspunkt."